Montag, 27. Juli 2015

24.-25. Juli: Der letzte Aufstieg

Freitag morgen laufen wir noch die letzten flachen Meter oder Meilen zum Baxter State Park Campground. Dort beginnt dann der finale Aufstieg zum Baxter Peak oder eben dem Mount Katahdin.

Als wir loslaufen sieht das Wetter noch recht trocken aus. Doch schon kurz darauf beginnt es zu Regnen. Zuerst leicht, dann immer stärker. Als wir noch ca. 1.5 Meilen vom Campground entfernt sind schüttet es nur noch. Wie sind komplett durchnässt. Zum Glück steigen wir heute nicht auf!

Doch nun heißt es auf James und Kelly warten, welche uns abholen kommen. Sie sind von Pensilvania hochgefahren. 12 Stunden Autofahrt.

Wir fahren nach Millinocket rein, Essen, waschen, duschen, kaufen ein, schlafen. Am Abend geht es dann nochmal richtig essen. Ich gönne mir das größte und beste Steak das ich auf dem ganzen Trail gegessen habe. Ja, wir sind in Holzfäller Land...

Am Samstagmorgen heißt es früh aufstehen, 3.30 Uhr. Wir wollen als erste beim Eingangstor des State Parks sein. Nur die ersten fünf Autos ohne Reservation werden rein gelassen. Wir sind Nummer 1 in der Kolonne...

Wir starten ca. um 7 Uhr. Es regnet leicht. Ein Bach kommt denn Weg hinuntergeflossen. Angenehmes Wandern ist anders... Bald erreichen wir dann die größeren Steinblöcke. Ab und zu gilt es jetzt leicht zu klettern. Nichts wildes, aber einige Stellen sind doch nicht ganz ohne. Auf jeden Fall das anspruchsvollste Terrain des gesamten Trails. Ich mag die Kletterei wider Erwarten sehr gern. Doch wie geht es dann hinunter!?

Oben angekommen sind natürlich die Fotos mit dem Schild obligatorisch. Leider ist es sehr neblig, keine Aussicht. Ich fühle mich glücklich das Ziel erreicht zu haben. Aber es ist auch etwas Wehmut dabei. Das einfache Leben auf dem Trail, die tollen Kollegen, usw. das ist jetzt alles vorbei. Proudfoot geht es ähnlich. Andere sind sehr emotional. Als "Smoke" ankommt, stürzt er schluchzend zum Katahdin Schild, umarmt es und setzt sich dann nieder und weint einige Minuten nur noch. Ich denke mir wieder mal: typisch Ami, immer übertreiben, immer Show! Vielleicht bin ich da etwas zu hart... ;-)

Der Abstieg geht dann wider Erwarten sehr gut. Ich komme schnell voran und finde immer wieder einen Weg an den herauf drängenden Menschenmassen vorbei nach unten. Ich habe richtig Spaß an der Kletterei. Mein aktuelles Gewicht hilft mir dabei natürlich auch ungemein... Ja Sämi, ich glaube wir müssen im Winter ab und zu mal in der Halle klettern gehen!

Wir fahren dann zurück nach Millinocket, machen einen kurzen Stop im traditionsreichsten Hiker-Lokal, dem McDonalds, wo Proudfoot und ich uns den letzten Milchshake unserer Trailzeit gönnen. Dann geht es auch schon hinunter nach Bangor. Proudfoot hat mir noch ein Geschenk gegeben: Amish'er Barthaarwax. Ideal um meinen Schnauz in Form zu bringen! Wahrscheinlich mache ich bald Jonny P. Konkurrenz... ;-)

Ich beziehe mein Hotelzimmer, Esse, wasche, relaxe. Morgen geht es mit dem Greyhound Bus nach Boston und dann Richtung Westen nach Toronto. Der nächste Teil meines kleinen Abenteuers beginnt also schon. Davon mehr in meinem anderen Blog: world-tenere.blogspot.ch

Zum Schluss noch dies: der AT wird wahrscheinlich nicht mein letzter Weitwanderweg gewesen sein... :-o
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Samstag, 25. Juli 2015

25. Juli: Katahdin!!!

Nun ist es geschafft! 2189 Meilen oder 3522 km von Georgia nach Maine.


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Freitag, 24. Juli 2015

20.-24. Juli: 100 miles wilderness

Nach einem super Frühstück bei Pete's starten wir zum letzten Abschnitt - der 100 miles wilderness (100 Meilen Wildnis).

Es regnet und der Trail ist ein einziges Wasser - und Schlammbad. Wir machen trotzdem ordentlich Meilen. Ein Wanderkollege von Proudfoot sagte ihm, dass die 100 Miles Wilderness flach wie ein Pancake seien. Nun, davon bekommen wir recht wenig mit. Im ersten Teil hat es doch immer wieder harte Anstiege. Jetzt beginnen auch die ersten Flussüberquerungen ohne Brücken. Da das Wetter am zweiten Tag schon viel besser ist, macht das richtig Spaß.
Irgendwo im Wald treffen wir sogar auf ein Schild, welches Trailmagic verspricht. Wir laufen also ca. eine Viertelmeile zu einer Hütte im Wald. Und tatsächlich, wir bekommen zu trinken und sogar etwas zu Essen angeboten. Wer hätte das gedacht und erst noch in der sogenannten 100 miles wilderness...

Am dritten Tag treffen wir auf Slingshot, der uns die nächsten zwei Tage begleitet. Wir machen gut Meilen. Einmal 26 in recht schwierigem Gelände und dann 30 auf meist flachem Trail.

Zum ersten Mal sehen wir auch Katahdin. Da keine anderen Berge rundherum sind, schaut er recht imposant aus, obwohl nur 5268 feet (1605m) hoch. Bevor wir seinen Fuss erreichen, müssen wir jedoch noch einen großen Umweg machen in Form eines gespiegelten "S", da noch einige schöne, grosse Seen in Weg sind.
Nach 3,5 Tagen erreichen wir das Ende der "Wildnis", die eigentlich so wild gar nicht war - Abol Bridge. Wir übernachten auf dem Campground, der zum Glück auch ein Restaurant hat, den ich habe absolut nichts mehr zu Essen...

Vor dem Restaurant hält auch immer wieder mal ein Holztruck. Die größten die ich bisher gesehen habe. Ich frage einen Trucker wieviel sein Truck wiege. 250000 Pounds. Das sind immerhin 113 Tonnen...

Am nächsten Tag laufen wir noch das kurze 10 Meilen Stück bis zum Fuss von Mount Katahdin. Es regnet in Strömen.
Dort holt uns Proudfoot's Bruder und seine Freundin ab. Wir verbringen die Nacht in Millinocket und wollen dann am Samstag noch den Gipfel erklimmen. Dann ist es vollbracht: von Georgia nach Maine, in vier Monaten, zu Fuss! (Petsch, es ist tatsächlich möglich so weit zu laufen... ;-)


















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Sonntag, 19. Juli 2015

12. - 19. Juli: "Maine will kick your ass!"

Als Proudfoot und ich die letzten Meter in den Whites zurückgelegt haben, trafen wir auf einen Southbounder (Wanderer der Richtung Süden läuft), der uns großspurig sagte: "wenn ihr denkt die Whites waren hart, dann wird euch Maine so richtig in den Arsch treten! ". Okay, erstens fanden wir die Whites nicht wirklich streng, zweitens nehmen wir ihn nicht gerade ernst, da "Southbounder", also kaum die ersten paar Meilen zurückgelegt, und noch nicht mal richtig in den Whites drin. Eine Lachfigur! Shredder, sein Trailname...

Wir nehmen einen fast Ruhetag in Gorham bevor es dann rein in den letzten Bundesstaat geht, Maine. Wir beschließen den Gipfeltermin um eine Woche vor zu verschieben. Proudfoot's Freundin und Bruder kommen am Wochenende hoch um zusammen mit ihm Mount Katahdin zu besteigen. Ursprünglich geplant war das Wochenende vom 31. Juli, 1. August. Als wir die Meilen näher angeschaut haben, zeigte sich, dass wir dann extrem langsam unterwegs sein würden. Nicht unbedingt das was wir beide bevorzugen... Also eine Woche schneller? Das heißt dann allerdings ziemlich viele Meilen pro Tag. Wenn "Shredder" wirklich recht hatte mit seinem Spruch über Maine, dann wird es hart. Wir beschließen in Rangeley definitiv zu entscheiden und bis dahin versuchen den Tagesschnitt von 22.5 Meilen einzuhalten. Am zweiten Tag ist mit dem Mahoosuc Notch auch noch die angeblich anspruchsvollste Meile des AT zu verzwingen. Von Southbounder hören wir Zeiten von 50 Minuten bis 5 Stunden welche sie für diese knapp 1.2 Meilen benötigt hatten. Als wir dann dort waren, war alles wiedermal nicht so schlimm. Ich benötigte knapp über 30 Minuten, Proudfoot auch nur etwa 45 Minuten. Den Rucksack habe ich nie abgezogen. Rockhopping ist das Zauberwort: gar nie erst irgendwo hinunter steigen, sondern oben bleiben, von Stein zu Stein springen.
Viel strenger war dann der Aufstieg danach.

In den nächsten Tagen hatten wir die mit Abstand schönsten Aussichten, die schönsten Landschaften des ganzen Trails zu durchwandern. Saddleback Mountain war sehr schön. Zwar strenge Tage, aber streng eher weil wir lange Tage machen. Bis 28 Meilen mit harten Auf- und Abstiegen.

Die letzten zwei Tage bevor wir Monson erreichen, regnet es auch wieder. Doch das Ziel ist jetzt so nah. Noch die 100 Miles Wilderness, dann stehen wir vor dem letzten großen Aufstieg, Mount Katahdin!

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Samstag, 11. Juli 2015

6.-11. Juli: The Whites

Noch etwas geschwächt und deshalb unsicher wie ich mit den "extremen" Bergen zurecht komme, starte ich am Montag morgen in die Whites. Im ersten Aufstieg fühle ich mich recht gut. Ich lasse die anderen, die mit mir gestartet sind rasch hinter mir. Es geht steil hinauf, aber das bin ich ja mittlerweile gewohnt. Der AT geht immer direkt auf jeden gottverdammten Hügel hoch, meist ohne Spitzkehren. Hier in dem Whites ist dies besonders ausgeprägt.

Ich komme auf den ersten Kamm. Steine, nichts als Steine. Nicht die Berge die ich erwartet habe, von denen alle geschwärmt haben. Im ersten Moment bin ich wiedermal sehr enttäuscht. Das kanns doch nicht sein!

Es kommen dann immer wieder steile Ab- und Aufstiege. Einmal sprechen die Leute von einem Wasserfall, den man hinunter klettern müsse. Naja, Wasserfall ist dann doch etwas übertrieben. Ein Rinnsaal fliesst über ein paar Steine hinunter. Warum müssen die Amis immer so maßlos übertrieben?

Das wandern in den Whites ist streng, da es sehr steinig und meist irgendwo steil hoch oder runter geht. Man muss also immer höllisch aufpassen wo man hintritt. Technisch ist es aber recht einfach. Kein klettern oder was auch immer gesagt wird. Für mein Empfinden sind es nicht richtige Berge. Es ist mehr ein einziger Steinhaufen...

Ich hole dann am ersten Tag die Arkansas Twins ein. Zwei sehr spezielle Typen mit denen ich mich jedoch gut verstehe.

Die sogenannte "Presidential Range" durchlaufe ich an einem Tag. Am Morgen noch im Regen und Sturm bin ich um Mittag rum bei der "Lake of the Clouds Hut". Das Wetter ist super und ich sehe den Mount Washington über mir. Dieser Steinhaufen soll alles sein? Gerade vom Sockel haut mich das nicht. In der Schweiz oder Europa würde ich so einen "Berg" sicher nicht besteigen...

Im Visitor Center am Pinkham Notch treffe ich dann eine Frau wieder, welche ich mit ihrer Familie schon in der Skihütte bei Manchester getroffen habe. "10-Speed!" ruft sie mir von weitem zu.
Kurz darauf wieder ein "10-Speed!". Diesmal Lena aus Deutschland, welche ich ein paar Tage zuvor in "Hiker Welcome Hostel" getroffen. Wir unterhalten uns lange, ich esse dabei zwei Chili con Carne. Endlich habe ich wieder Appetit!
Als ich los will wieder: "10-Speed!". Diesmal Bones, eine kleine Dame die ich auf dem Long Trail getroffen habe. Ja, viele haben mich eingeholt während ich untätig herumlag...

Ich laufe noch den nächsten Aufstieg hinauf. Wieder sehr steil. Oben finde ich einen tollen Platz zum campen. Das habe ich hier in den Whites schätzen gelernt. Zelt ist hundertmal besser als Hammock! Dämliche Empfehlung die ich da letztes Jahr von jemandem erhalten habe...

Am nächsten Morgen, als ich gerade mein Zelt zusammen packe, steht plötzlich "Proudfoot" da. Welch freudige Überraschung! Wir wandern zusammen weiter. Ein guter Tag durch die sogenannten "Wildcats". Unterwegs finden wir raus das das "Pensilvania Dutch", das er als Amisher spricht, sehr stark mit dem "schwiizerdütsch" verwandt ist. Viele Worte sind fast schon typisch schweizerisch. "Dutch", also holländisch ist definitiv irreführend.

Wir übernachten in einem Shelter kurz vor Gorham. Morgen gehts nochmal in eine Stadt für einen Zero oder Nero, je nach Definition. Dann noch 298 Meilen bis Katahdin! Sollte jetzt eigentlich zu schaffen sein. Ich fühle mich wieder stark, als ob da nichts gewesen wäre letzte Woche... ;-)

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2. - 5. Juli: Giardia

In Lincoln komme ich endlich mal zu einem Doktor. Die Diagnose ist mir mittlerweile schon selbst klar: Giardia. Ein Parasit der mir momentan das Leben schwer macht. Der Arztbesuch ist kurz, aber teuer. Janu. Das Medikament kann ich nicht direkt bei ihm mitnehmen, sondern muss in eine "Apotheke meines Vertrauens". Zum Glück ist die Strasse runter gleich eine solche. In zehn Tagen sollte alles ausgestanden sein. Hoffe ich mal...
Ich habe das Glück in Lincoln bei Chet unterzukommen. Ein Typ mit einer interessanten Geschichte. Er sitzt im Rollstuhl nachdem ihm 2001 ein Benzinkocher explodiert ist. Beinahe ein Jahr war er im Spital, ein großer Teil davon im Koma.

Am Montag 6. Juli starte ich endlich wieder auf den Trail. 10 Tage war ich jetzt mit Unterbrüchen "off the trail". Ich wäre jetzt schon weit in Maine, doch es sollte nicht so sein. Mal schauen wie die Whites sind. Vorschusslorbeeren haben sie ja bisher viele bekommen...

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Mittwoch, 1. Juli 2015

24. Juni - 1. Juli: Am absoluten Tiefpunkt

Im letzten Bericht schrieb ich ja schon von meinen gesundheitlichen Problemen mit meinen Bauch. Nun, dies ist mittlerweile zu einem großen Problem geworden. So schlimm dass ich mittlerweile an einen Abbruch denken muss. Doch der Reihe nach:
In ziemlich schlechtem Zustand komme ich in Hanover an. Da habe ich zum Glück noch den Kontakt von meinen Autostopp in Manchester, Liz. Ich kontaktiere sie und nachdem ich meine Post erledigt habe, steht sie auch schon da. Wir fahren etwas außerhalb zurück nach Vermont. Ich plane zuerst nur eine Nacht zu bleiben, denn so richtig schlecht fühle ich mich nicht. Nach der Nacht fühle ich mich wieder schlechter, habe auch wieder Durchfall. Ich beschliesse hier meinen dritten Ruhetag einzulegen.
Am nächsten Tag starte ich in Hanover. Ich laufe ca. 18 Meilen. Die erste Hälfte geht gut. Dann beginnt mich der Durchfall wieder zu quälen. Flüssiger als flüssig. Im Shelter habe ich dann ausnahmsweise Handyempfang. Ich schreibe Liz nochmal ein SMS. Am nächsten Tag habe ich tatsächlich eine Antwort erhalten. Ob sie mich abholen soll? Ja, nur zu gerne.
Ich verbringe dann drei Tage mehr oder weniger schlafend. Samstag, Sonntag habe ich das Haus komplett für mich allein. Wahnsinn, welches Glück ich doch in dieser blöden Situation habe!
Am Montag gehe ich weiter. Nach drei Ruhetagen in Folge geht das Wandern mehr schlecht als recht. Der nächste Tag ist dann noch schlimmer. Ich schaffe gerade mal 5 Meilen in fast drei Stunden... Ich fühle mich nicht gut, aber auch nicht grottenschlecht. Ich denke ans Aufhören. Jetzt wo eigentlich der Teil beginnt worauf ich mich schon die ganze Zeit freue: die White Mountains und dann Maine.
Ist es wirklich mein Körper der nicht mehr kann? Ich habe sehr viel Gewicht verloren seit Beginn der Wanderung und wiege nur noch 64 Kilogramm. Reserven habe ich keine mehr, soviel steht fest. Doch wahrscheinlich ist auch hier der Kopf das Problem. Ich bin des Trails müde geworden. Ich kann das Essen nicht mehr sehen, sehne mich nach gutem Essen zuhause. Ich habe eigentlich genug von den USA und wohl ziemlich Heimweh. Ich versuche es jetzt noch einige Tage, werde aber wohl viel Pausen machen und wenn es dann halt wirklich nicht mehr geht, dann steige ich aus. Hoffe es kommt nicht so weit! Es wären momentan nur noch 398 Meilen zu gehen. Wenn ich fit bin eine Sache von drei Wochen oder sogar noch weniger... Momentan kann ich es mir nicht vorstellen das zu schaffen.
In etwas mehr als einer Woche hat sich alles geändert. Bei 500 Meilen sagte ich noch: nur noch 500 Meilen, praktisch nichts! Ich bin praktisch schon fast am Ziel.
Nun stehe ich an einem Punkt wo eigentlich lächerliche 398 Meilen für mich zu einem fast unüberwindbaren Hindernis geworden sind...

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